BVerfG 8, 274

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(Ermächtigungen der Exekutive) 7. Leitsatz: Die Grundsätze des Rechtsstaates fordern, daß auch Ermächtigungen der Exekutive zur Vornahme belastender Verwaltungsakte durch das ermächtigende Gesetz nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sind, so daß die Eingriffe meßbar und in gewissem Umfang für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar werden. Das folgt aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, dem Prinzip der Gewaltenteilung und aus der rechtsstaatlichen Forderung nach möglichst lückenlosem gerichtlichem Schutz gegen die Verletzung der Rechtssphäre des Einzelnen durch Eingriffe der öffentlichen Gewalt.

Die Grundsätze des Rechtsstaates fordern, daß auch Ermächtigungen der Exekutive zur Vornahme belastender Verwaltungsakte durch das ermächtigende Gesetz nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sind, so daß die Eingriffe meßbar und in gewissem Umfang für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar werden.

Das folgt insbesondere aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Dieser Grundsatz fordert nicht nur irgendeine, sondern eine begrenzte und näher bestimmte Ermächtigung der Exekutive zur Vornahme belastender Verwaltungsakte; er zielt darauf ab, die Eingriffe der öffentlichen Gewalt möglichst berechenbar zu machen. Das Gesetz muß die Tätigkeit der Verwaltung inhaltlich normieren und darf sich nicht darauf beschränken, allgemein gehaltene Grundsätze aufzustellen. Eine lediglich formelle rechtsatzmäßige Bindung der Eingriffsverwaltung genügt nicht. Eine "vage Generalklausel", die es dem Ermessen der Exekutive überläßt, die Grenzen der Freiheit im einzelnen zu bestimmen, ist mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nicht vereinbar.

Das ergibt sich ferner aus dem Prinzip der Gewaltenteilung. Sind die Vollmachten der Exekutive nicht hinreichend bestimmt, so führt sie nicht mehr das Gesetz aus und handelt nicht mehr nach den Richtlinien des Gesetzgebers, sondern entscheidet an dessen Stelle. Das verletzt den Gewaltenteilungsgrundsatz.

Das folgt schließlich aus der rechtsstaatlichen Forderung nach möglichst lückenlosem gerichtlichem Schutz gegen die Verletzung der Rechtssphäre des einzelnen durch Eingriffe der öffentlichen Gewalt, wie er heute durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet ist. Der durch diese Vorschrift den Gerichten erteilte Rechtsschutzauftrag kann nur dann verwirklicht werden, wenn die Anwendung der Norm durch die in die Rechtssphäre des Staatsbürgers eingreifende Exekutive von den Gerichten nachprüfbar ist. Die Eingriffsermächtigung muß auch aus diesem Grunde hinreichend bestimmt sein.

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